Was verlangen US Attorneys at Law vor der Annahme eines Mandats (aus Deutschland)?
Wer mit den USA zu tun hat, kann dort auch mal einen Anwalt benötigen. Einige Beispiele gefällig?
Sie waren im Urlaub in den USA und erhalten Monate nach der Rückkehr einen bösen Brief mit dem Vorwurf, Sie hätten etwas beschädigt. Oder Sie haben angeblich etwas gestohlen. Oder nicht bezahlt.
Sie besitzen (allein oder zusammen mit anderen) ein Ferienhaus in den USA oder ein Time Share Apartment, etwa in Florida, Kalifornien oder sonstwo. Die Grundstücksnachbarn verklagen Sie weil der Pool undicht ist und das Wasser das Nebengrundstück unterhöhlt hat (ein echter Fall unserer Kanzlei).
Oder Sie haben schlicht einen Vertrag mit einem US-amerikanischen Vertragspartner abgeschlossen, über den jetzt ein Rechtsstreit mit Gerichtstand USA ausbricht.
In all diesen Fällen kann es im Ernstfall eines Gerichtsverfahrens in USA hektisch werden, weil bei Zustellung einer Klage aus USA in Deutschland das amerikanische Gericht dem Beklagten in der Regel trotzdem nur 20 Tage Frist einräumt, auf die Klage zu antworten. In dieser Zeit muss der deutsche Beklagte also einen geeigneten Attorney at Law finden, diesen dafür gewinnen, den Fall zu übernehmen, ihm den Fall erklären und – last but not least – einen Honorarvorschuss (Retainer) nach USA transferieren. Ohne einen solchen Retainer wird der US-Anwalt nämlich kaum bereit sein, eine Akte anzulegen. Erst recht nicht, für den ausländischen Mandanten eine Klageerwiderung (Response) bei Gericht einzureichen einzureichen.
Die Honorarvereinbarung selbst (Retainer Agreement) ist meist noch kein organisatorisches Problem, da amerikanische Anwälte die in der Regel als Scan oder Fax akzeptieren. Hier ein Beispiel für das Retainer Agreement unserer Kanzlei, das wir gegenüber Mandanten in USA verwenden. Übrigens ist Retainer nicht gleich Retainer, die amerikanischen Anwaltskammern machen daraus eine ziemliche Wissenschaft und unterscheiden nicht weniger als vier Arten von Retainer.
Was allerdings oft ein echtes logistisches Problem darstellt, ist die schnelle Überweisung des Vorschusses nach Amerika. Denn, believe it or not, in Amerika arbeitet man auch im 21. Jahrhundert nach wie vor mit echten Schecks statt mit Banküberweisungen. Auf Überweisungen sind vor allem kleine oder mittlere Kanzleien nicht eingestellt. Und selbst wenn, dauern solche Überweisungen in die USA manchmal mehr als fünf Tage und es geht zwischen den Banken nicht selten etwas schief, so dass die Überweisung nicht beim Anwalt in USA ankommt. Der Lawyer meint dann, der deutsche Mandant lügt ihn an und wird misstrauisch.
Kreditkartenzahlung ist denkbar, wenn die US Kanzlei solche akzeptiert. Allerdings haben nicht alle Anwaltskanzleien eine Credit Card Affiliation oder aber nur für das laufende Honorarkonto (operating account), nicht für das Retainerkonto. Denn – anders als in Deutschland – müssen Attorneys at Law in den USA solche Retainer (Honorarvorschüsse) nach anwaltlichem Berufsrecht in der Regel auf getrennten Konten (trust accounts) verwahren, bis das Honorar tatsächlich verdient ist, Ausnahme es handelt sich um einen sofort „verbrauchten“ Retainer. Mehr zum Thema „trust accounts“ und Veruntreuungsregeln des US-amerikanischen Anwaltsberufsrechts hier.
Natürlich geht auch PayPal oder, wie schon im Wilden Westen, das gute alte Moneygram von Western Union. Aber will man als Mandant wirklich ein Geldtelegramm schicken?
Wir haben daher mit unseren US-amerikanischen Kooperationskanzleien eine Rahmenvereinbarung geschlossen, wonach wir für diese die Honorarvorschüsse der deutschen Mandanten entgegennehmen und den Anwaltskollegen in USA dann anwaltlich versichern, dass der Vorschuss eingegangen ist. Das beschleunigt die Mandatsannahme erheblich. Je nach Schwerpunkt des rechtlichen Problems nimmt ohnehin of unsere Kanzlei selbst das Mandat an und die US-Kollegen werden von uns untermandatiert und arbeiten uns zu.
Falls Sie ein Rechtsproblem in Amerika haben und einen Attorney at Law benötigen, fragen Sie uns gerne.
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Das anglo-deutsche Anwaltsteam der Kanzlei Graf & Partner löst seit 2003 deutsch-britische und deutsch-amerikanische Rechtsfragen. Die Prozessabteilung GP Chambers berät und vertritt deutsche, britische und US-amerikanische Unternehmen in Arbitrationverfahren wie in Gerichtsprozessen.
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