„Der Stamm der Sioux wurde ordnungsgemäß benachrichtigt“

So der Beschluss vom 23. April 2018 des Circuit Court in Minnehaha County, South Dakota, USA. Wohl gemerkt ging es nicht etwa um eine Immobilienangelegenheit, eine Kasino-Lizenz im Reservat oder eine ähnliche Rechtsfrage, bei der man an amerikanische Ureinwohner denken würde. Der Fall war ganz einfach.

Ein deutscher Erblasser war in Deutschland verstorben ohne ein Testament zu hinterlassen. Eine der gesetzlichen Miterbinnen war seine 12jährige Enkelin. Diese lebte in USA bei einer Pflegefamilie, weil die nach USA ausgewanderten Eltern einige Jahre darauf bei einem Autounfall verunglückt waren.

Vormundschaft und Vermögenssorge in USA

Der vom deutschen Gericht bestellte Nachlasspfleger in Hamburg hat uns damit beauftragt, einen Nachweis aus USA dafür beizubringen, wer die minderjährige Miterbin rechtlich vertreten darf. Nach längerer Korrespondenz stellte sich heraus, dass dort bislang noch kein Gerichtsbeschluss hierüber existierte. Wir beantragten daher, dass der besagte County Court von Minnehaha im Bundesstaat South Dakota die Pflegemutter zum „Conservator“ bestellt, vergleichbar einem deutschen Vormund. Ein solcher Conservator übernimmt (in der Regel) auch die Vermögenssorge

„ … shall have the authority regarding the … financial affairs…“

und muss dem US-Vormundschaftsgericht gegenüber regelmäßig einen Bericht abgeben (inkl. Vermögensaufstellung). Ein solcher Beschluss sowie der dazugehörige Vormundschaftsausweis (Letter of Conservatorship) genügt daher als Absicherung, um Erbanteile oder Pflichtteilsansprüche an in den USA lebenden Minderjährige auszuzahlen.

Und – Kuriosität am Rande – obwohl dieser deutsch-amerikanische Erbfall keinerlei Bezug zu Native Americans aufweist (Indianer sagt man schon lange nicht mehr), haben wir dabei gelernt, dass jeder Gerichtsbeschluss in Minnehaha County dem Stamm der Oglala Sioux zugestellt werden muss. Und so sieht das dann aus:

 

Hough, das Gericht hat gesprochen!

Falls Sie ein Rechtsproblem in Amerika haben und einen Attorney at Law benötigen, fragen Sie uns gerne.

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Das deutsch-britische Anwaltsteam der Kanzlei Graf & Partner löst seit 2003 deutsch-britische und deutsch-amerikanische Rechtsfragen. Die Prozessabteilung GP Chambers berät und vertritt deutsche, britische und US-amerikanische Unternehmen in Arbitrationverfahren wie in Gerichtsprozessen.

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