Banken in USA verlangen im Erbfall einen amerikanischen Erbschein
Der deutsche Erbschein oder ein deutsches notarielles Testament werden in USA nicht als Erbnachweis akzeptiert. Die Erben benötigen in jedem Fall einen USA Grant of Probate. Hierfür benötigen deutsche Erben die Unterstützung durch einen US-amerikanischen Rechtsanwalt für Erbrecht (Probate Lawyer).
Welches USA-Nachlassgericht ist für den Erbscheinsantrag zuständig?
Die spannende Frage ist aber: Wo, das heißt in welchem Bundesstaat soll man diesen Anwalt für US-Erbrecht überhaupt suchen? Anders gefragt: Welches US-amerikanische Nachlassgericht ist für den Erbfall zuständig? Die Zuständigkeit der Nachlassgerichte – die man in USA übrigens regional ganz unterschiedlich bezeichnet, zum Teil heißen sie Probate Court (etwa in Kalifornien, Texas, New Mexico), zum Teil Surrogate’s Court (z.B. in New York), manchmal auch Register of Wills (z.B. in Maryland) – hängt davon ab, in welchem Bundesstaat der Nachlassgegenstand „belegen“ ist. Bei Immobilien ist das klar. Bei Kraftfahrzeugen ergibt sich das aus der Zulassung. Aber was ist mit Bankkonten, insbesondere wenn es sich um nationale Banken handelt, etwa Bank of America, Wells Fargo, Chase etc? Oder mit Ansprüchen gegen Versicherungen in den USA?
Wohnsitz in USA? Kontoführende Stelle?
Die örtliche Zuständigkeit der Probate Courts ist nicht überall gleich geregelt. Hatte der Verstorbene nie dauerhaft in den USA gewohnt, sondern unterhielt er dort nur ein Bankkonto, etwa um für Geschäftsreisen oder Urlaube eine USA-Kreditkarte zu haben oder in den USA Schecks ausstellen zu können, dann kommt es in den meisten Fällen auf den Sitz der kontoführenden Filiale an. Die deutschen Erben wissen über das amerikanische Bankkonto oder die Lebensversicherung aber oft nicht viel. Aus dem Kontoauszug der USA-Bank, falls man einen solchen überhaupt hat, ist nicht unbedingt leicht erkennbar, wo sich die kontoführende Filiale befindet. Die Bank selbst ist meist schmallippig und gibt (wie auch eine deutsche Bank) keine Auskunft, solange die Erben nicht feststehen. Die Erben können wiederum den USA-Erbschein (der streng genommen kein Erbschein ist) nicht beantragen, bis sie das zuständige Nachlassgericht identifiziert haben. Ein Teufelskreis.
US-Erbrechtsanwälte erhalten meist Auskunft
Manchmal kann man aus der Kontonummer des US-Bankkontos recherchieren, wo dieses Bankkonto geführt wird. Wenn auch das nicht klappt, machen wir über unsere Anwaltskollegen in USA eine Anfrage im zentralen Bereavement Department der Bank. Dieses teilt zwar in der Regel nicht mit, wie hoch das Guthaben ist, aber wenigstens die kontoführende Stelle. Wenn man Glück hat in einem Schreiben, ansonsten nur telefonisch. Dann muss der amerikanische Erbrechtsanwalt in seinem Antrag an das Gericht notfalls eidesstattlich versichern, was der Bankmitarbeiter am Telefon hierzu gesagt hat.
Besonders ungeschickt ist es, wenn der Erblasser mehrere Bankkonten in den USA unterhielt, die in verschiedenen Bundesstaaten geführt werden. Denn dann – man ahnt es – benötigen die Erben später sogar mehrere US-Erbscheine in verschiedenen Bundesstaaten. Um dies zu vermeiden, sollte man als Inhaber von USA-Bankkonten zu Lebzeiten darauf achten, die kontoführenden Filialen seiner USA-Banken in denselben Bundesstaat zusammen zu legen, idealerweise sogar in den selben County.
Praxistipp: Wie erspart man sich das USA-Erbscheinsverfahren?
Ein weiterer Praxistipp für Inhaber von Bankkonten in den USA ist, direkt bei der Bank einen Begünstigten (designated beneficiary) zu benennen, wie man das von Lebensversicherungsverträgen her kennt. Die meisten US-Banken akzeptieren es, wenn der Kontoinhaber bereits zu Lebzeiten (am besten gleich bei Kontoeröffnung in USA) gegenüber der Bank einen solchen Begünstigten festlegt, der beim Tod des Kontoinhabers dann berechtigt sein soll, die Auszahlung des Guthabens an sich zu verlangen. Und zwar – das ist der Clou dabei – ohne einen amerikanischen Erbschein vorlegen zu müssen. Allerdings bleibt dann immer noch das Problem der Erbschaftsteuer in den USA (Estate Tax), jedenfalls wenn die Freigrenze überschritten ist.
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer englischspachigen Prozessabteilung (GermanCivilProcedure) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und internationale Erbfälle. Falls Sie bei einer anglo-amerikanischen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk in Europa sowie im außereuropäischen englischsprachigen Rechtsraum gerne zur Verfügung. In UK, Kanada sowie den meisten großen US-Bundesstaaten verfügen wir über gute persönliche Kontakte zu Attorneys-at-Law in mittelgroßen Kanzleien.
Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070.
[…] in den USA sind langwierig und teuer. Ohne Anwalt in USA geht es meistens nicht (Details) und die Gebühren für einen Erbrechtsanwalt sowie das Gericht belaufen sich leicht auf mindestens […]