Was trägt man als Anwalt vor Gericht?
Für deutsche Rechtsanwälte ist das relativ leicht zu beantworten: Solange man unter der Robe (soweit eine Anwaltsrobe überhaupt Pflicht ist) nicht gerade kurze Hosen oder selbst gebatikte T-Shirts anzieht, winken die überwiegend liberalen deutschen Richter meist jedes Outfit kommentarlos durch. Auch die Schlachten um den Krawattenzwang für Anwälte sind bereits geschlagen. Manche Richter bestanden darauf, dass ein deutscher Rechtsanwalt eine Krawatte trägt und weigerten sich, mit Anwälten ohne Schlips zu verhandeln. Einige Schlipsverweigerer-Anwä#lte klagten dagegen und bekamen in der Regel recht (Urteile siehe hier).
Anwälte in England halten an Tradition fest
Ortswechsel: Völlig anders sieht das alles bei unseren britischen Freunden aus. Dort, und in den meisten anderen Ländern des ehemaligen British Empire (des heutigen Commonwealth), legt man beim Anwaltsstand nach wie vor großen Wert auf den Gown , also die Tracht der Prozessanwälte (Barristers), wobei der Gown weit mehr ist als eine schnöde deutsche Robe, und vor allem die Wig, also die juckende Pferdehaarprücke, die übrigens schon in der Basis-Ausführung stolze 1.000 Euro kostet.
Und damit modisch ja nichts schief läuft, gibt es sogar Lehrvideos vom Ausstatter, wie man seine Anwaltstracht korrekt anlegt:
Den Unterschied zwischen „einfachen Anwälten“, also den Solicitors, und den ehrwürdigen Prozessanwälten, den Barristers, auch in der Edelvariante Queens Counsel bzw. Kings Counsel, erkläre ich hier.
Weitere Informationen zu Rechtsstreitigkeiten mit Briten oder vor britischen Gerichten, zur englischen Zivilprozessordnung, Prozessführung und Zwangsvollstreckung in UK in diesen Posts:
– Wie sieht eine Zivilklage in England aus?
– Albtraum Zivilklage England
– In englischen Rechtsstreit verwickelt?
– Das angekratzte Ego des Gerichts-Sachverständigen
– Schmerzensgeldreform in UK
– UK Zivilprozessordnung und Expertengutachten in England
– Anwaltliche Versicherung in UK” (solicitor’s undertaking)
– Mandant lügt im Zivilprozess, Anwalt haftet: Harte ZPO-Regeln vor englischen Gerichten
– Mal schnell Klage einreichen? Nicht in England
– Wie im Hollywood-Spielfilm: “You have been served!” (Zustellung in UK und USA)
– Sie wollen einen EU-Titel in Großbritannien vollstrecken? Wie gut sind Ihre Nerven?
– Solicitors, Barristers, Advocates: Wer darf in England vor Gericht eigentlich was?
Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Litigation) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen, Erbfälle und internationale Gerichtsverfahren (Litigation).
Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl, Master of Laws, ist Experte für deutsch-englisches sowie deutsch-amerikanisches Prozessrecht sowie Erbrecht und agiert auch in vielen Fällen als Nachlassabwickler (Executors & Administrators) für deutsch-britische oder deutsch-amerikanische Erbfälle.
Für den Beck Verlag schreibt Rechtsanwalt Schmeilzl das Praxishandbuch Der Zivilprozess in England, das im Herbst 2022 erscheint: