Wie gestaltet man ein Testament und Vorsorgedokumente für britische und US-amerikanische Expats in Deutschland?
– Praktikerseminar für Expats, HR-Abteilungen, Entsendungsmanager, Personalberater und Inhouse-Anwälte –
Nach Deutschland entsandte und hier arbeitende Expatriates (Expats) sind in der Regel in einem Alter, in dem man noch nicht unbedingt an sein Testament denkt. Ist der Expat noch jung und alleinstehend, ist das Thema wohl auch tatsächlich nicht so brisant. Wer allerdings bereits verheiratet ist und/oder Kinder hat oder gar seine Familie mit ins Ausland nimmt, sollte dringend einmal durchdenken, was im Ernstfall passieren würde, wenn er/sie zum Beispiel durch einen Autounfall dauerhaft ins Koma fällt oder tödlich verunglückt.
Wenn überhaupt, dann haben britische oder amerikanische Expats in Deutschland meist ein Testament, das nach englischem Common Law oder dem Erbrecht des jeweiligen US-Bundesstaats erstellt ist, aus dem der Expat kommt. Da im Common Law aber ganz andere Regeln gelten (Stichwort: Personal Representative anstatt Universalsukzession), tun sich deutsche Nachlassgerichte oft sehr schwer mit der Auslegung solcher englischer und amerikanischer Testamente. Besonders haarig wird es, wenn der Letzte Wille – wie im Common Law häufig – einen sog. Testamentary Trust anordnet (Beispiel eines typischen englischen Testaments hier). Dieser wird in Deutschland nicht anerkannt und man muss das Testament mühsam auslegen, was der Trust für die Nachlassabwicklung in Deutschland bedeutet.
Briten und Amerikaner gehen meist auch ganz selbstverständlich davon aus, dass der Ehegatte (zumindest bis zu einem gewissen Betrag) automatisch Alleinerbe wird und zudem auch keinerlei Erbschaftssteuer zahlt (sog. Spouse Exemption, wobei schon fraglich ist, ob die Spouse Exemption auch aus UK-Sicht überhaupt gilt, wenn der Erblasser nicht mehr permanently resident in UK ist). Das deutsche Erbrecht sowie vor allem das deutsche Erbschaftssteuerrecht folgt aber ganz anderen Regeln: Existiert kein Testament, ist der überlebende Ehegatte in Deutschland dann plötzlich sehr zu seiner Überraschung mit dem Thema Erbengemeinschaft konfrontiert. Auch das Thema Pflichtteilsrecht ist im anglo-amerikanischen Rechtskreis unbekannt.
Da das Vereinigte Königreich die EU-ErbRVO nicht angenommen hat, helfen auch die Regeln dieser Verordnung nicht weiter. Es kommt nach wie vor zur Nachlassspaltung. Im Verhältnis zu den USA sowieso.
Wie vermeidet man doppelte Erbschaftsteuer?
In all diesen Fällen stehen der Ehegatte oder die sonstigen Angehörigen – neben dem emotionalen Stress – dann oft auch noch vor bürokratischen Problemen, weil das Erbscheinsverfahren sich hinzieht oder unklar ist, wer auf Konten Zugriff hat, das Haus verkaufen kann, medizinische Entscheidungen treffen darf oder das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder bekommt. Auch das Thema internationale Erbschaftssteuer löst in diesen Fällen oft Entsetzen aus. Guthaben auf deutschen Konten sowie Auszahlungen von Lebensversicherungen dürfen gemäß § 20 Abs. 6 Erbschaftssteuergesetz erst ins Ausland überwiesen werden, nachdem der Erbe der Bank die Unbedenklichkeitsbescheinigung des deutschen Finanzamts vorlegen kann. Der überlebende Ehegatte, der ja nach einer solchen Familientragödie in aller Regel wieder in seine Heimat zurückzieht, muss also die deutschen Steuererklärungen abgeben und sich mit dem Finanzamt auseinandersetzen, bevor er das Vermögen nach UK oder USA transferieren kann. Wir könnten diese Liste der Schrecklichkeiten noch ziemlich lange fortsetzen.
Eine Notfallmappe mit Vorsorgedokumenten entschärft viele dieser Probleme. Dazu gehören:
- ein Testament, das in beiden Rechtsordnungen „funktioniert“, das also sowohl das deutsche Nachlassgericht als auch der britische oder amerikanische Probate Court versteht und sofort anwenden kann
- Vorsorgevollmachten (für den finanziellen sowie den medizinischen Bereich)
- Vormundschaftsanordnungen (wer sorgt bei Unfall für unser minderjähriges Kind?)
HR-Abteilungen von Unternehmen helfen ihren Expat-Mitarbeitern zwar meist bei Wohnung, Einkommensteuer, Schule etc., die Themen Erstellung eines wirksamen internationalen Testaments und begleitender Vorsorgevollmachten haben die Personalabteilungen aber meist nicht auf dem Radarschirm. Dabei kann ein gut gestaltetes internationales Testament den Unterschied ausmachen, ob das Nachlassverfahren zwei Monate oder zwei Jahre dauert. Je nach den Assets der Familie kann in manchen Fällen ein deutscher Erbschein sogar ganz vermieden werden.
Human Resource Abteilungen, Personalberater und Entsendungsmanager sollten daher das Thema Absicherung für den Fall einer schweren Krankheit oder eines plötzlichen Todes mit auf ihre Besprechungs-Checkliste nehmen und den von ihnen betreuten Expats raten, einen Dokumentensatz (Familien-Notfallmappe) zu erstellen.
Unsere auf britisch-deutsche Rechtfsfragen spezialisierte Kanzlei hält zu diesen Themen regelmäßig Vorträge (siehe zum Beispiel hier), sowohl für Expats selbst, als auch für HR-Abteilungen internationaler Unternehmen sowie für Personalberater, Anwälte und Steuerberater. Download: WILLS & PROBATE GERMANY_AD_Seminar_for_Clients
Im März 2016 ist u.a. das Thema Testamentsgestaltung für britisch-deutsche Familien sowie Expats auch Thema der Cross Border Conference der English Law Society in London.
Zur Vereinbarung eines individuellen Vortrags in Ihrem Unternehmen steht Ihnen Rechtsanwalt Schmeilzl gerne zur Verfügung (+49 941 463 7070).
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere deutsch-britisches und deutsch-amerikanisches Recht. Rechtsanwalt Schmeilzl verfasst den Länderbericht „Familienrecht England & Wales“ im BGB-Kommentar des NOMOS Verlags und ist ausgewiesener Fachmann insbesondere für die Themen deutsch-englischer Ehevertrag sowie deutsch-britische Scheidung. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Partnerkanzlei gerne zur Verfügung.