Absicherung des alleinigen Sorgerechts für Mütter

Risiko für unverheiratete Mütter, die mit dem Kindsvater in England leben

Mit dem Kind zum Kindsvater nach England ziehen? Vorher das Alleinsorgerecht vom Jugendamt bestätigen lassen!

In meiner Kanzlei erhalten wir regelmäßig Anfragen von Frauen, die seit einiger Zeit mit ihrem minderjährigen (meist noch sehr kleinen) Kind, beim Kindsvater in England leben, die Beziehung mit dem Kindsvater nun aber kriselt und die Mutter mit ihrem Kind zurück nach Deutschland ziehen will. Zum Entsetzen der Mutter behauptet der Kindsvater dann, er habe das gemeinsame Sorgerecht und die Mutter dürfe das gemeinsame Kind nur mit seiner Einwilligung aus Großbritannien wegbringen. Diese Zustimmung verweigert der Kindsvater und droht der Mutter mit Strafanzeige und Rückführungsantrag nach Hager Kindesentführungsübereinkommen, falls sie ohne sein Einverständnis nach Deutschland reist.

Was tun in dieser Situation?

Zunächst muss die Mutter des Kinds juristisch belastbar klären (lassen), ob der nicht mit ihr verheiratete Kindsvater tatsächlich das (Mit-)Sorgerecht hat, in England als „parental responsibility“ bezeichnet.

Hier kann es für die in England lebende Mutter des Kindes unschöne Überraschungen geben, da nach dem Familien- und Kindschaftsrecht von England und Wales der Vater schon dann das Sorgerecht hat, wenn er in der Geburtsurkunde als Vater genannt ist. Details hierzu auf dem Experten-LawBlog www.englischesrecht.de, speziell in diesem Beitrag hier:

Bestätigung über Alleinsorgerecht der Mutter vom Jugendamt einholen

Falls das Kind in Deutschland geboren wurde und die Mutter erst danach nach England zum Kindsvater zieht, sollte sie sich unbedingt vorher eine Bestätigung des deutschen Jugendamts besorgen, dass sie das alleinige Sorgerecht für das Kind hat.

Der Wortlaut einer solchen Sorgerechtsbestätigung des deutschen Jugendamts lautet in etwa wie folgt:

Auskunft über Alleinsorge nach § 58 a Abs. 2 SGB VIII

Für das Kind Max Mustermann, geb. am … in Musterhausen, wurden ausweislich des beim hiesigen Jugendamt geführten Sorgeregisters zum Erkenntnisstand vom …weder Sorgeerklärungen registriert noch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, mit der die gemeinsame elterliche Sorge den Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam übertragen wurde.

Ferner ist keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verzeichnet, mit der das Sorgerecht von Frau Erika Mustermann ganz oder teilweise entzogen oder auf den Vater allein übertragen worden wäre. Deshalb ist die mit der Geburt des Kindes gem. §1626 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuche (BGB) begründete alleinige elterliche Sorge der Mutter, Frau Erika Mustermann, bis zu dem genannten Datum nicht durch eine der genannten rechtlichen Möglichkeiten beendet oder eingeschränkt worden.

Alarm bei Antrag des Kindsvaters zum englischen Familiengericht auf Mitsorgerecht

Nun ist dies natürlich „nur“ die Einschätzung des deutschen Jugendamts zu einem bestinnten datum. Es ist weder eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung, noch hat eine solche Bestätigung des deutschen Jugendamts über das Sorgerecht der Mutter eine bindende Wirkung für englische gerichte oder Behörden. Es ist also besser als gar nichts, aber keine Garantie, dass ein englisches Familiengericht die Situation nicht anders bewertet.

Vor allem wenn der Kindsvater einen Antrag auf gemeinsames Sorgerecht beim englischen Familiengericht stellt, wird es höchste Zeit, dass die Mutter sich überlegt, ob sie das Risiko eingehen will, faktisch in England festzusitzen, weil sie bei gemeinsamem Sorgerecht künftig auf die Zustimmung des Kindsvaters angewiesen ist, wenn sie mit dem Kind das Land (Großbritannien) verlassen, also nach Deutschland ausreisen will.

In solchen Situationen sollte die Mutter entweder UK mit dem Kind verlassen (wenn die beziehung ohnehin bereits kriselt) oder aber mit dem Kindsvater eine juristisch professionell formulierte Vereinbarung treffen, wie die Eltern des Kindes mit der Situation umgehen wollen, wenn die Beziehung später auseinander geht und die Mutter mit ihrem Kind wieder nach Deutschland zurück ziehen will.

Weitere Infos zum Familienrecht und Sorgerecht in England

Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl ist seit 2003 auf deutsch-britisches Recht spezialisiert, Schwerpunkte Erbrecht, Nachlassabwicklung, internationale Zivilprozesse und auch Familienrecht. Er ist der Autor des Länderberichts zum Familienrecht von England und Wales im Nomos BGB-Kommentar:

Buch zum Familienrecht von England und Wales in deutscher Sprache Experte englisches Familienrecht