Die Ausgangslage für Premierministerin May ist erheblich weniger komfortabel als gewünscht. Ein kurzer Zwischenruf zum Status Quo Brexit, Donald Trumps Rolle dabei und zum Schluss ein chinesischer Fluch.
Der oberste Gerichtshof hat die britische Regierung bekanntlich dazu gezwungen, das Parlament mit einzubinden. Die Abgeordneten werden den Brexit zwar nicht verhindern, die Einbindung des Parlaments führt aber dazu, dass die Regierung ihre Verhandlungsstrategie vorher offen legen muss, was die Brexit-Verhandler eigentlich vermeiden wollten. Das sogenannte Brexit White Paper.
Auch die wirtschaftlichen Rahmendaten sind nicht so, dass das Vereinigte Königreich bei den Verhandlungen mit der EU die besseren Karten in der Hand hat. Ein erfreulich unaufgeregtes Interview hierzu führte CNN mit dem englischen Wirtschaftsexperten Quentin Peel.
Der Versuch von PM May, die USA als starken Partner an ihre Seite zu holen, trägt bislang wenig Früchte. Die „Special Relationship“ mit den USA dürfte zu keinem besonders vorteilhaften Trade Deal führen, da Donald Trump nicht dafür bekannt ist, anderen Ländern – auch wenn es traditionell enge Verbündete sind – irgend welche Gefallen zu tun, Händchen halten im White House hin oder her. Trumps Unbeliebtheit verursacht bereits jetzt Dauerproteste auch in Großbritannien und der anstehende Staatsbesuch von President Trump in England wird für die britische Regierung zur Belastung, da er bis dahin auf der Unbeliebtheitsskala bislang ungeahnte Höhen erklommen haben dürfte.
Einige Beispiele nach knapp zwei Wochen Präsidentschaft: Das Verhältnis zu Mexiko ist bereits ruiniert, bevor der Mauerbau überhaupt begonnen wurde. Dem Iran wurde vor laufenden Kameras eine scharfe Warnung („notice“) erteilt, was in der muslimischen Welt nach dem generellen Muslim-Einreiseverbot weitere Empörung verursacht. Auch gegen China beginnt das erste Säbelrasseln. Und erst gestern hat Trump höchst persönlich die Beziehungen zu einem jahrzehntelangen engen Verbündeten ruiniert, nämlich zu Australien. In einem Telefonat mit Australiens Premierminister Malcolm Turnbull beschimpfte er diesen für einen Deal mit der Obama-Administration, in dem vereinbart wurde, dass die USA 1.250 Flüchtlinge aus einem australischen Lager übernimmt (während der Flüchtlingskrise in Deutschland bewältigte das eine deutsche Kommune am Tag). Trump nahm das als Anlass, das über jahrzehnte hervorragende Verhältnis zwischen USA und Australien massiv zu beschädigen. Er brach das Gespräch mit dem Prmierminister eine halbe Stunden früher als geplant ab und prahlte später sogar damit. Man fragt sich, ob eigentlich irgend jemand im White House überhaupt noch versucht, auf Trump einzuwirken und diplomatische Mindesstandards aufrecht zu erhalten.
Nun, Theresa May hatte sich das offenbar anders vorgestellt, als sie als erster offizieller Staatsgast nach Washington flog. Zudem häufen sich Berichte in den englischen Medien, dass große Konzerne und Banken konkrete Vorbereitungen treffen, ihre Firmensitze oder Teilbereiche von England in die EU zu verlagern, insbesondere auch Banken.
Bei all dem kommen einem zwei Sprichwörter in den Sinn. Im Hinblick auf Donald Trump drängt sich der Mark Twain zugeschriebene Satz auf: „To a hammer everything looks like a nail.“ Und was den Gesamtzustand des Planeten angeht, versteht man nun auch endlich, was die Chinesen mit dem traditionellen Fluch gemeint haben: „Mögest Du in interessanten Zeiten leben„.
Aber es hilft ja nichts, wir beraten unsere britischen und deutschen Mandanten auch in stürmischen und „interessanten“ Zeiten.
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Vertragsgestaltung, Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle.
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Falls Sie bei einer britisch-deutschen oder amerikanisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihre Ansprechpartner in Deutschland sind Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England) und Elissa Jelowicki, Solicitor.
[…] Recht hat er, der Lawrence. Man kann die Unglaublichkeiten und Fettnapf-Kopfsprünge ja kaum in Echtzeit aufzählen. Einige Beispiele für „Worst of Trump“ der letzten Tage habe ich hier gesammelt. […]
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