Internet-Betrüger arbeiten mit farbenfrohen Urkunden und Ausweis-Kopien. Alles gefälscht!
Sind Sie sicher, dass in Ihrer entfernten Verwandtschaft nicht doch der ein oder andere Multimillionär lebt, den Sie zwar nie persönlich getroffen haben, der Sie aber aus der Entfernung doch so sehr ins Herz geschlossen hatte, dass er Ihnen nun sein ganzes Vermögen vererbt hat? Dieser Fall kommt erstaunlich häufig vor. Zumindest wenn man die vielen eMails angeblicher Banken, Anwaltskanzleien oder Behörden für bare Münze nimmt, die tausende deutsche „Erben“ täglich in ihren Posteingangsfächern vorfinden.
Scherz beiseite: Es handelt sich dabei natürlich um Betrugsversuche, auf die der Empfänger unter keinen Umständen reagieren sollte. Leider glauben aber doch erstaunlich viele Menschen zumindest am Anfang diese kriminellen Märchengeschichten vom entfernten Verwandten im Ausland. Da unsere Kanzlei auf internationale Erbfälle spezialisiert ist, erhalten wir täglich (ja, wirklich täglich!) Anfragen von Mandanten, die entweder bereits auf solche Betrüger hereingefallen sind oder die sich versichern wollen, ob das mit der angeblichen Erbschaft alles so seine Richtigkeit hat.
In den unten aufgeführten Beiträgen geben wir Tipps und veröffentlichen Checklisten, wie man echte Anwaltsbriefe und Behördenschreiben von gefälschten Betrügerschreiben unterscheiden kann. Prinzipiell gilt, je bunter, desto wahrscheinlicher is das Dokument gefälscht. Wie man das auch von deutschen Behördenschreiben kennt, sind diese meist simpel und schwarz-weiß, oft sogar auf Umweltschutzpapier. Wenn ein Schreiben also vor Siegeln, Stempeln und Grafiken nur so strotzt, dann ist es meistens frei erfunden und mit Photo Shop kreiert. Hier das aktuelle Beispiel eines Phantasie-Zertifikats, in dem das „International Narcotics Control Board“ ein „Drug Law & Anti-Terrorist Certificate“ ausstellt. Wäre ja ganz lustig, wenn nicht immer wieder Mandanten darauf hereinfallen würden und dafür mehrere tausend Euro bezahlen, weil man ihnen vorgaukelt, dass dann sofort die Erbschaft frei gegeben würde. Ein weiteres Indiz für Betrug ist, wenn auf dem Dokument einige Teile gestochen scharf sind (zum Beispiel die Namen), andere Teile verwaschen und unscharf. Dann hat jemand einen echten Ausweis gescannt (der ist dann nicht ganz scharf) und mit Photo Shop oder einam anderen Bearbeitungssoftware andere Informationen ergänzt.
Das Perfide an den Betrügern: Sie erwecken oft den Eindruck, als stamme das eMail von einer Kanzlei oder eine Bank bzw. Behörde, die es tatsächlich gibt, ändern aber die eMail leicht ab (zum Beispiel „@barclays-bank.com statt der echten @barclays.com), so dass man in Wirklichkeit nur mit den Kriminellen korrespondiert. Als Kontakt-Telefonnummer wird dann, wenn überhaupt, nur eine Mobilnummer angegeben, bei der es sich meist um einen sog. „Burner“ handelt, also ein Prepaid-Wegwerfhandy im Ausland. So gibt es im obigen Beispiel das „INCB“ tatsächlich (https://www.incb.org/incb/en/about.html). Es handelt sich dabei aber um eine rein politische Organisation, die keine unmittelbare Drogen-Überwachung durchführt und daher auch keine Zertifikate ausstellt.
Bei einer echten Erbschaft muss man keine „Zertifikat-Gebühren“ zahlen
Nochmals: Es gibt keine solchen „Geldwäsche-Zertifikate“, für die man bezahlen müsste. Bankmitarbeiter schicken auch keine Fotos oder Scans ihrer angeblichen Mitarbeiterausweise, siehe zum Beispiel die ebenfalls offensichtlich am PC zusammengestopselte „Staff Identity Card“ des Dr. Shahbazi, wobei die bayerischen Leser dieses Beitrags beim Namen „Bazi“ durchaus schmunzeln dürften.
Deshalb bei solchen Mails auf keinen Fall reagieren oder gar seine Kontoverbindung mitteilen. Meist wollen solche Betrüger „nur“ Überweisungen und erfinden immer neue Gründe, warum jetzt doch noch ein wirklich letzter Betrag gezahlt werden muss, bevor die Freigabe erfolgt. Manchmal ist es aber noch gefährlicher: In einigen Fällen haben solche Betrüger sogar schon Termine für ein persönliches Treffen mit den vermeintlichen Erben vereinbart (zum Beispiel vor einer Bank in London oder bei einem angeblichen Rechtsanwalt in dessen Kanzlei). Bei diesen Treffen wurde der Mandant dann körperlich bedroht, erpresst und genötigt, mit seiner EC-Karte Geld am Automaten abzuheben.
Sehen Sie auch unser ausführliches Video zum Thema Erbschaftsbetrug
Weitere Informationen zum Thema Betrugsmasche angeblicher Erbfall im Ausland:
-
Internet-Betrugsmasche: ausländische Erbschaft
-
Betrugsmasche Erbschaft aus England: Wie schützt man sich?
-
Der erfundene Anwalt Mr. Bradley Martins und sein ebenso virtueller UBS-Banker Kevin Morgan
-
Echter Erbschein oder Betrugsversuch? Nachlasszeugnis von “The Isle of Man”
-
Verwandter in England gestorben: Wie erfährt man, was im Testament steht?
-
Nein, man erbt nicht einige Millionen von jemanden, den man kaum kannte!
-
Betrugsmasche „Millionenerbschaft aus England“ (mit Beispielen gefälschter Unterlagen)
-
„George Evans Law“ ist eine Fake-Kanzlei mit betrügerischen „Anwälten“
Weitere allgemeine Informationen zu Erbrecht, Nachlassabwicklung und Erbschaftsteuer in Deutschland, UK und anderen Commonwealth Ländern:
-
Erbrecht und Testament in England: die Basics
-
Testament und Erbrecht in Schottland
-
Checkliste für Nachlassabwicklung in England & Wales
-
Achtung: In Schottland gelten andere Regeln
-
und in Irland sowieso
-
Erbschaftssteuer in England: Steuersätze, Freibeträge, Anrechnung
-
Anrechnung von Erbschaftssteuer zwischen Deutschland und England
-
Was ist eine “Deed of Variation” im englischen Erbrecht?
-
Erbfall in England: Wie beschränkt man die Haftung des Nachlassabwicklers?
-
Haftungsfalle für Erbrechtsanwälte: In USA und GB gibt es keine transmortale Vollmacht
-
Deutschland oder England: Wo muss das Erbe versteuert werden?
-
Wer Bankkonten oder Depots in UK oder auf den Channel Islands erbt
-
Der ganz normale Wahnsinn deutsch-britischer Erbfälle
-
Internet-Betrugsmasche: ausländische Erbschaft
-
Verwandter in England gestorben: Wie erfährt man, was im Testament steht?
– – – –
Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische sowie deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070.