Das mündliche Notfall-Testament im Krankenhaus

Letzte Chance für Intensivpatienten, die nicht mehr schreiben können

Durch den Virus-Ausnahmezustand werden plötzlich Paragrafen wichtig, die in normalen Zeiten keine Rolle spielen. Im Erbrecht sind das aktuell die Bestimmungen zum „Nottestament“. Laut § 2250 Abs. 1 und Abs. BGB kann jemand ein mündliches Testament vor drei Zeugen erstellen, wenn er oder sie:

„sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist“

oder

„sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 BGB [Bürgermeistertestament] nicht mehr möglich ist.“

Es liest sich makaber. Beide Alternativen des 120 Jahre alten Gesetzes scheinen wie auf schwere Corona-Fälle gemünzt zu sein. Ist jemand mit COVID-19 infiziert und deshalb in häuslicher Quarantäne, kommt kein Notar mehr zum Hausbesuch. Solche Quarantäne-Patienten können dann in der Regel aber noch ein eigenhändiges, handschriftliches Testament erstellen und sollten dies vorsichtshalber auch tun.

Dramatischer wird es bei schweren Krankheitsverläufen, wenn der Patient also wegen plötzlich auftretender Atemnot und/oder hohem Fieber ins Krankenhaus muss, im Extremfall sogar auf die Intensivstation. Fällt dem Patienten oder seinen Angehörigen erst jetzt ein, dass noch kein Testament existiert und kann der Patient auch nicht mehr selbst schreiben, bleibt nur noch die Option des mündlichen Nottestaments vor drei neutralen Zeugen.

Wer kann Zeuge sein?

Drei geeignete Zeugen zu finden, ist dabei gar nicht so einfach. Die Zeugen dürfen nämlich mit dem Testamentsersteller nicht verwandt oder verheiratet sein und sie dürfen im Testament auch nicht bedacht sein. Zudem ist der Patient im Krankenhaus ja erst recht in strenger Isolation. In Frage kommen somit faktisch nur Pflegepersonal oder Ärzte. Die haben natürlich anderes zu tun, als ein mündliches Testament abzunehmen, zumal das mündlich geäußerte Testament ja schriftlich protokolliert und unterschrieben werden muss. Wird der Intensivpatient bewusstlos, bevor man drei neutrale Zeugen organisieren konnte, ist es auch für das mündliche Testament zu spät.

Nicht darauf ankommen lassen

Das mündliche Notfall-Testament ist somit bei genauer Betrachtung ein absoluter Notnagel, auf den man sich besser nicht verlässt. Vielmehr sollte jeder, der von der gesetzlichen Erbfolge abweichen will oder der ein bestehendes Testament widerrufen oder inhaltlich abändern möchte, rechtzeitig ein eigenhändiges Testament erstellen.

Doch selbst wenn man mit dem Ergebnis der gesetzlichen Erbfolge einverstanden ist, hat ein Testament den Vorteil, dass die Erben dann oft keinen Erbschein beantragen müssen. In Corona-Zeiten dauert es nämlich oft viele Monate, bis das Nachlassgericht einen Erbschein erteilt. Stürzen während dieser Zeit dann zum Beispiel Aktienkurse in den Keller, müssen die Erben dem Wertverlust hilflos zusehen, weil sie das Aktiendepot ohne Erbschein nicht verkaufen können.

Fazit: Wer jetzt noch kein Testament gemacht hat, sollte sich einen Ruck geben. Eine Checkliste zur Testamentserstellung sowie Informationen zu gesetzlicher Erbfolge und Erbschaftsteuern finden Sie hier und in meinen ausführlichen Informationsvideos: