Woraus berechnet sich das Honorar des Testamentsvollstreckers wenn eine Immobilie bereits zu Lebzeiten übertragen wurde, die Erfüllung aber auf den Todeszeitpunkt aufgeschoben ist?
Wer zu Lebzeiten seine Immobilie auf die nächste Generation übertragen, das Haus aber weiterhin selbst nutzen möchten, kann die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt oder unter Vorbehalt eines Wohnrechts wählen. Das hat sich herumgesprochen. In der Bevölkerung weniger bekannt, aber in manchen Konstellationen die noch geschicktere Gestaltung, kann ein sogenannter „Überlassungsvertrag mit aufgeschobener Erfüllung“ sein.
Dabei wird durch detaillierte Regelungen in der Notarurkunde bereits zu Lebzeiten alles „vorab erledigt“, was für den Eigentumsübergang nötig ist. Nur eben der letzte Schritt wird aufgeschoben. Dies bedeutet, dass sich der Schenker (der Übertragende) in der Notarurkunde nicht nur dazu verpflichtet, dass die Grundstücke bei / nach ihrem Tod übertragen werden müssen, sondern die Übertragung ist bereits in der Notarurkunde endgültig und unbedingt erfolgt. Lediglich die Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch ist aufgeschoben auf den Tod der Veräußerin. Für die dann nötige Berichtigung des Grundbuchs haben die Parteien in der Notarurkunde den Notar bereits unwiderruflich bevollmächtigt. Ein Erbschein ist hierfür gerade nicht nötig, es genügt die Vorlage der Sterbeurkunde. Ebenfalls überflüssig ist eine Mitwirkung des Testamentsvollstreckers, falls ein solcher angeordnet wurde, wie in Erbfällen mit Bezug zu anglo-amerikanischen Erbfällen meist der Fall (mehr dazu in diesen Beiträgen).
Wie hoch ist die Vergütung des Testamentsvollstreckers?
Für den Testamentsvollstrecker hat diese Gestaltung eine betrübliche Konsequenz: Die Testamentsvollstreckervergütung, die meist aus dem Wert des Nachlassvermögens errechnet wird (mehr dazu hier), ist erheblich geringer als wenn die Immobilie noch übertragen werden müsste. Da der Testamentsvollstrecker bei einer Überlassung einer Immobilie zu Lebzeiten mit aufgeschobener Erfüllung aber gar nichts mehr tun muss (und kann), ist der Wert der Immobilien für die Berechnung der Testamentsvollstrecker-Vergütung nicht mehr relevant (ähnlich wie nach herrschender Meinung bei Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall).
Mehr zu dieser Gestaltung u.a. im Handbuch „Vermögensnachfolge“ von Sebastian Spiegelberger, CH Beck-Verlag, 2. Auflage, Seiten 259 – 263. Aber Vorsicht: Unter dem Schlagwort „Übertragung mit aufgeschobener Erfüllung“ gibt es in der Praxis verschiedene Ausgestaltungen. Man muss sich also immer die konkrete Formulierung im Notarvertrag ansehen, um die zivilrechtlichen und steuerlichen Konsequenzen rechtsverbindlich einschätzen zu können.
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