EVENT-VERANSTALTER DÜRFEN BEI KONZERT-ABSAGEN RÜCKZAHLUNG VERWEIGERN UND GUTSCHEINE AUSSTELLEN

Gesetz verdonnert Verbraucher zu Zwangs-Darlehen mit hohem Risiko

Natürlich war das Gesetz vom 15.5.2020 vom Bundestag gut gemeint. Kulturschaffende, also Konzertveranstalter, Theaterbetreiber, Kleinkunstbühnen etc. sollten nicht dadurch reihenweise in die sofortige Insolvenz getrieben werden, dass sie auf einen Schlag alle Vorverkaufserlöse für Events, die wegen Corona abgesagt werden, an die Kunden zurück bezahlen müssen. Statt dessen dürfen sie nun Gutscheine ausstellen, die die Kunden dann später einlösen sollen. Doch „gut gemeint“ ist oft das Gegenteil von gut gemacht.

Gutschein wofür eigentlich?

Bei kleineren Events und Ticketpreisen von 20 bis meinetwegen 50 Euro mag es aus meiner Sicht noch OK sein. Kleinkunstbühnen, die Tickets für 20 Euro verkaufen und eine Zuschauerkapazität von 80 bis 150 Sitzen haben, jonglieren mit geringen Geldmengen. Hier ist finanzielle Hilfe nötig und sinnvoll.

Es stellt sich aber auch da bereits die Frage, wofür ich eigentlich einen Gutschein bekomme. Wenn genau der Künstler, zu dem ich wollte, nicht zu einem Ersatztermin kommt, muss ich dann wirklich zu „irgendeinem“ Alternativ-Event gehen? Im „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“ steht dazu nichts

Große Event-Veranstalter dürfen Millionenbeträge behalten

Richtig problematisch ist das Gesetz meines Erachtens aber bei Großveranstaltungen wie Pop- und Rockkonzerten, Musicals usw. Hier kostet das Einzelticket oft 100 Euro oder mehr und es werden etliche Tausend Tickets pro Event verkauft, in aller Regel viele Monate vorher. Das heißt, professionelle, kommerzielle Veranstalter nehmen über die Vorverkäufe mehrere Millionen Euro ein.

Die Olympiahalle München zum Beispiel hat bei Konzerten ein Fassungsvermögen von gut 15.000 Plätzen. Nehmen wir ein Ed Sheeran-Konzert mit Ticketpreisen von mindestens 80 Euro, das bereits am ersten Tag des Vorverkaufs ausverkauft sein dürfte, dann sind das Vorverkaufserlöse von 1,2 Millionen Euro. Für eine einzige Veranstaltung!

Nun sind die großen Event-Veranstalter (Liste) so gut wie immer als GmbH, Ltd oder kapitalistische Kommanditgesellschaft organisiert, d.h. es haftet keine natürliche Person. Wenn nun wegen Corona faktisch alle Konzerte für mindestens 2020, möglicherweise auch 2021 oder sogar 2022 (jedenfalls Indoor!) abgesagt werden müssen, dann stellt sich schon die Frage, ob es sinnvoll ist, diesen Kapitalgesellschaften per Gesetz zu erlauben, die Ticketerlöse von mehreren Millionen zu behalten.

Die Kunden tragen das Insolvenzrisiko des Eventveranstalters

Denn damit wälzt der Gesetzgeber das Insolvenzrisiko voll auf die Verbraucher ab. Kann sich ein Konzertveranstalter nämlich trotz des Gesetzes nicht durch die Corona-Krise retten und muss Insolvenz anmelden, geht der Kunde leer aus. Das Gesetz enthält nämlich gerade keine Ausfall-Haftung des Staats für den Fall, dass der Gutschein wegen Insolvenz des Konzertveranstalters wertlos wird.

Konkretes Beispiel „Thurn & Taxis Schlossfestspiele Regensburg 2020“

In diesem Video erkläre ich die Einzelheiten des Gesetzes von 15.5.2020 und zeige am Beispiel der Regensburger Schlossfestspiele 2020, durchgeführt von Odeon Concerte KG, die praktischen Auswirkungen

Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner berät und vertritt auf allen Gebieten des Zivil-, Arbeits- und Wirtschaftsrechts, insbesondere auch bei grenzüberschreitenden Fällen. Falls Sie Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner gerne zur Verfügung.