… wenn die Limited ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat
Ein Risiko, das deutschen Unternehmern, Gesellschaftern und Geschäftsführern oft nicht bewusst ist!
Seit Brexit steht die englische Limited Company als Gesellschaftsform ohnehin nicht mehr als sinnvolle Option zur Verfügung, wenn deren Sitz in Deutschland sein soll, da sie dann schlicht nicht als Limited anerkannt wird. Das deutsche Handelsregister verweigert die Eintragung. Im Ernstfall wird eine solche englische Limited in Deutschland als Personengesellschaft angesehen und behandelt, d.h. die Gesellschafter können in Deutschland (an ihrem Wohnort) verklagt werden und sie haften voll mit ihrem Privatvermögen, wie die Gesellschafter einer OHG oder einer GbR.
Sitz formell in UK, aber Geschäftsbetrieb in Deutschland
Aber auch wenn die Limited selbst zwar ihren Unternehmenssitz in UK hat, die Gesellschafter der Limited aber in Deutschland wohnen, ist eine Limited brandgefährlich, weil die Limited in Deutschland dann unter Umständen trotzdem als Personengesellschaft behandelt werden kann, die in Deutschland lebenden Gesellschafter also möglicherweise auch in dieser Konstellation für Firmenschulden persönlich haften. In der Praxis wird das relevant, wenn die Limited Company insolvent ist , Gläubiger aber herausfinden, dass Gesellschafter oder/und Geschäftsführer in Deutschland wohnen. Dann prüfen diese Gläubiger der Limited die Umstände genauer und kommen ggf. auf die Idee, die deutschen Gesellschafter privat in Haftung zu nehmen, also auf Zahlung der gegenüber der Limited ausgefallenen Forderung zu verklagen.
Hintergrund ist, dass das deutsche Recht Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eine solche will die Limited ja sein, nur anerkennt, wenn die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen für eine GmbH erfüllt sind. Vor Brexit musste das deutsche Recht zähneknirschend auch die englische Limited als haftungsbeschränkte Gesellschaftsform anerkennen. Seit Brexit ist das vorbei und es gilt wieder der „numerus clausus“ der Gesellschaftsformen.
Was hat das aber nun mit einer Limited Company zu tun, die in UK gegründet wurde, die ihren Firmensitz im Vereinigten Königreich hat und die in Deutschland gar kein Büro und keine Niederlassung unterhält?
Persönliche Haftung wenn operative Geschäftsführung in Deutschland
Nun, laut deutscher Rechtsprechung kommt es in diesen Fallkonstellationen darauf an, wo diese Gesellschaft ihren „tatsächlichen Verwaltungssitz“ hat. Was in der Unternehmenssatzung steht ist zwar ganz nett, es kommt aber auf die wirklichen objektiven Fakten an. Dieser tatsächliche Verwaltungssitz der Limited Company wird von den deutschen Gerichten definiert als „der Ort, an dem grundlegende Entscheidungen des Unternehmens in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“. Alles klar?
Eindeutig ist etwa die Fallkonstellation, in der ein in Deutschland wohnender Unternehmer eine englische Limited gründet, alleiniger Gesellschafter (Shareholder) und auch alleiniger Geschäftsführer (sole company director) dieser Limited ist. Der Sitz ist zwar formell in England und die Gesellschaft hat die offizielle Büroadresse in England, weil der Unternehmer für 100 Pfund im Monat ein „Büro“ bei einem Virtual Office Service provider mietet, der ihm die Post nachschickt. In Wahrheit findet aber natürlich alles in Deutschland statt, nämlich im Haus des Gesellschafter-Geschäftsführers. Dort fasst und dokumentiert er Gesellschafterbeschlüsse und führt das operative Geschäft als Director. Findet ein Gläubiger dies heraus, wird er im Fall einer Insolvenz der Limited den deutschen Gesellschafter-Geschäftsführer privat verklagen. An dessen Wohnort. Und er wird gewinnen.
Shareholder pur ist ungefährlich
Umgekehrt ist es risikolos, wenn jemand, der in Deutschland wohnt, an einer Limited Company lediglich als Gesellschafter beteiligt ist, sofern diese Limited in England ein echtes Büro unterhält, ein Geschäftsführer und Mitarbeiter tatsächlich von UK aus operativ arbeiten und auch die Gesellschafterversammlungen physisch in England abgehalten werden.
Wo zwischen diesen beiden Extremfällen genau die Grenze verläuft, bei der es für deutsche Gesellschafter oder Directors einer UK Limited Company gefährlich werden kann, ist schwer zu definieren. Wer an einer englischen Limited beteiligt ist, sollte diese Rechtsprechung jedenfalls im Kopf behalten und unbedingt den Eindruck vermeiden, dass das tatsächliche operative Geschäft und die Unternehmensleitung von Deutschland aus erfolgt.
Fazit
Deutsche Gesellschafter einer englischen Limited können mit Privatvermögen haften, wenn Unternehmenslenkung oder/und das operative Geschäft von Deutschland aus erfolgt.
Weitere Informationen zur Behandlung einer englischen Limited Company seit dem Brexit in diesem Beitrag sowie in diesen Posts:
Header Foto von Glenn Villas auf Unsplash