Immobilienkauf in England – Was ist Leasehold?

Das Immobilienrecht in England is völlig anders als in Deutschland

Wer ein Haus oder ein Wohnung in England kaufen oder, etwa weil geerbt, verkaufen möchte, wird sehr bald feststellen, dass das Immobilienrecht auf der Insel ganz anders gestrickt ist, als man das aus Deutschland gewohnt ist.

Keine Notare auf der Insel

Ein praktisch wichtiger Unterschied ist, dass eine Immobilientransaktion in UK nicht – wie in Deutschland und Österreich – von einem neutralen Notar koordiniert und beurkundet wird. „Notaries“ in England und USA haben ein viel niedrigeres Standing, haben mit Immobilienverkäufen gar nichts zu tun und sind in der Regel nicht einmal Juristen. Mehr dazu hier:

Stattdessen benötigen Käufer (Buyer) und Verkäufer (Seller) einer Wohnung oder eines Hauses in Großbritannien jeweils ihren eigenen Anwalt (Conveyancing Solicitor). Diese beiden englischen Immobilienanwälte organisieren dann untereinander den Verkauf und die Ablösung etwaiger Grundschulden / Hypotheken (mortgages). Die wichtigsten Begriffe bei einem Immobilienverkauf in England sind:

  • Exchange of contract: damit wird der Kaufvertrag verbindlich
  • Completion: das bedeutet, dass der Kaufpreis gezahlt und die Immobilie übergeben wird

Das ist aber natürlich extrem vereinfacht. Wie ein Immobilien(ver)kauf in England und Wales im Detail abläuft, erkläre ich in diesem Beitrag hier:

In Schottland gelten übrigens wieder andere Regeln für den Kauf / Verkauf von Immobilien. Wer ein Haus in Schottland kaufen will, kann sich vertrauensvoll an unsere Partnerkanzlei Harper Macleod wenden.

Eigentum ist nicht gleich Eigentum

Der noch wichtigere Unterschied ist, dass in England sehr viele Immobilien nicht als „Volleigentum“ (Freehold) angeboten und verkauft werden, sondern nur als sogenanntes „Leasehold„. Die englische „Leasehold“ ist vergleichbar (nicht identisch!) mit dem deutschen Erbbaurecht (Details hier), das in Deutschland allerdings extrem selten ist. In der Praxis bietet in Deutschland eigentlich nur die katholische Kirche Grundstücke als Erbbaurecht an. Oft wird für Erbbaurecht noch der Begriff Erbpacht verwendet, der aber – streng genommen – etwas anderes bedeutet und in Deutschland bereits seit 1900 abgeschafft ist (Details hier).

Zurück nach England: Dort ist Erbbaurecht (Leasehold) extrem häufig, bei Wohnungen in größeren Städten ist es fast die Regel. Für den Käufer bedeutet das, dass er/sie eigentlich kein Eigentum am Grundstück selbst erwirbt, sondern „nur“ ein Nutzungs- und Bebauungsrecht für einen bestimmten Zeitraum. Dieser Nutzungszeitraum (Leasehold Term) ist meist sehr lang, mehrere hundert Jahre sind die Regel.

Anspruch auf Verlängerung des Leasehold-Zeitraums?

Eine in der Praxis des englischen Immobilienhandels kritische Grenze ist, wenn die Leaehold-Restlaufzeit weniger als 90 Jahre ist. Dann gewähren die englischen Banken nämlich in der Regel kein Immobilien-Finanzierungsdarlehen mehr, also kein Grundschuld-Darlehen (Mortgage).

Das ist im Ergebnis aber nicht tragisch, denn nach englischem Immobilienrecht kann der Leaseholder (der Erbbaurechtseigentümer) in den Fällen, in denen die Restlaufzeit weniger als 90 Jahre beträgt, vom Freeholder verlangen, dass die Leasehold-Laufzeit um weitere 90 Jahre plus die verbleibende Laufzeit verlängert wird. Wer die Normen im Detail nachlesen möchte, kann diese englischen Gesetze googeln:

  • Leasehold Reform, Housing and Urban Development Act 1993 (Schedule 13, Part II)
  • as amended by the Commonhold and Leasehold Reform Act 2002

Der Spaß kostet ganz grob eine „Verlängerungsgebühr“ (Lease Extension Premium) von 3.000 bis 10.000 Pfund (abhängig von der Qualität des Objekts), dann hat der Leaseholder – und seine Erben – wieder für weit mehr als 100 Jahre seine Ruhe. Oder aber, der Leaseholder kann das Objekt nun auf dem Immobilienmarkt verkaufen, weil alles über 90 Jahre Restlaufzeit vom Käufer gut finanzierbar ist.

Fazit

Wer in England ein Haus oder eine Wohnung kaufen will, muss umdenken und für sich klären, ob es zwingend ein Freehold-Objekt sein muss (dann wird das Angebot der zur Verfügung stehenden Immobilienobjekte in UK nämlich schlagartig deutlich kleiner). Falls auch eine Leasehold-Immobilie in Frage kommt, stellt sich die Frage nach der Laufzeit. Ist die Laufzeit lange genug, so dass auch beim späteren Verkauf noch mindestens 90 Jahre auf der Uhr stehen, dann ist alles gut. Nähert sich die Leasehold-Restlaufzeit dagegen der 90-Jahres-Grenze, sollte man frühzeitig mit dem Freeholder verhandeln, zu welchen Konditionen dieser bereit ist, die Leasehold zu verlängern.

Kurz zusammengefasst, wie schon der Philosoph Obelix zutreffend erkannt hat: „Die spinnen, die Briten!“ 🙂

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Falls Sie rechtliche Unterstützung bei einer konkreten Immobilientransaktion in Großbritannien oder in den USA (dort gelten wieder andere Regeln) benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Partnerkanzlei Buckles LLP gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070.

Weitere Beiträge zu den Themen Immobilienkauf in England und den USA sowie Testamentsgestaltung bei Vermögen im Ausland hier:

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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Litigation) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische sowie deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen, Erbfälle und Immobilienverkäufe.

Das Experten-Team deutscher und englischer Anwälte und Steuerberater regelt internationale Erbfälle und wickelt Nachlässe für die Erben in Deutschland, USA, England und anderen Common Law Rechtsordnungen ab.

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