Brauche ich dann für jeden U.S.-Bundesstaat einen separaten Erbschein?
Nun, das Grundprinzip in den Vereinigten Staaten von Amerika ist tatsächlich, dass Erbrecht (Succession Law) und Nachlassverfahrensvorschriften (Probate Rules) Ländersache sind, also in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesstaaten fallen. Und es gibt bei der Abwicklung von Erbfällen in den USA tatsächlich signifikante Unterschiede zwischen den 50 Staaten (siehe hier).
Das Haupt-Nachlassverfahren (Primary Probate Proceeding) wird in aller Regel in dem U.S.-Bundesstaat durchgeführt, in dem der Erblasser seinen Hauptwohnsitz (Residence) hatte. Wenn der Erblasser daneben auch Vermögen in anderen Teilen der USA besaß, insbesondere Immobilien und Grundstücke, aber auch in einem anderen Bundesstaat registrierte Autos, Flugzeuge, Boote oder dingliche Rechte, benötigen die Erben zusätzlich einen Erbnachweis für jeden betroffenen Bundesstaat. Deshalb bringt beispielsweise einem Erben ein Nachlasszeugnis (Letter of Administration) des Gerichts in Florida nichts für den Verkauf einer geerbten Immobilie in New York, Texas oder Kalifornien.
Muss man wirklich in jedem Bundesstaat wieder bei Null anfangen?
Ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Es gibt nämlich in den meisten U.S.-Bundesstaaten die Möglichkeit, das Nachlasszeugnis eines anderen Bundesstaates anerkennen zu lassen. Der juristische Fachbegriff dafür ist „Ancillary Probate“ oder „Ancillary Administration“ (manchmal auch „Secondary Probate“), was man übersetzen kann mit „Neben-Nachlassverfahren“ oder „Zusatz-Nachlassverfahren“. Unter welchen Voraussetzungen der jeweilige Bundesstaat das Nachlasszeugnis (Grant of Probate bzw. Letter of Administration) eines anderen Bundesstaates anerkennt, sind wiederum in den Probate Rules des anerkennenden Bundesstaates geregelt.
Die Nachteile sind offensichtlich: zusätzliche Gerichtsgebühren und Anwaltskosten, weil die Verfahrensvorschriften in vielen Bundesstaaten verlangen, dass ein lokaler Attorney at Law eingeschaltet wird. Besonders kompliziert kann es werden, wenn der Erblasser kein Testament erstellt hat. Die U.S.-Bundesstaaten haben nämlich ganz unterschiedliche Regeln zur gesetzlichen Erbfolge sowie zu gesetzlichen Vorausvermächtnissen des überlebenden Ehegatten oder der Kinder. Es kann somit passieren, dass eine Immobilie in Florida an andere Personen vererbt wird, als eine Immobilie in Kalifornien oder sonstwo in den USA.
Wie kann man aufwendige Erbscheinsverfahren in USA vermeiden?
Das Standard-Planungsinstrument der US-amerikanischen Erbrechtsanwälte ist ein sogenannter „Living Trust“. Der Erblasser bringt bei einem solchen Living Trust sein Vermögen (ganz oder teilweise) bereits zu Lebzeiten in eine „Stiftung“ ein, wobei man sich hier nicht eine echte Stiftung deutscher Prägung vorstellen darf, sondern eher eine bloße Treuhand-Vereinbarung. Ein Living Trust ist in den USA in aller Regel keine juristische Person, sondern es wird durch eine Trust Deed ein „Sondervermögen“ geschaffen, das durch einen Trustee verwaltet wird. Dadurch ist beim späteren Erbfall kein Nachlassverfahren nötig.
Natürlich kann man sein Vermögen auch bereits zu Lebzeiten auf die nächste Generation übertragen (re-title your property). Wenn man selbst noch Zugriff darauf behalten möchte, bietet sich Gesamthandseigentum an (joint tenancy with rights of survivorship). Der Clou hierbei ist, dass der Miteigentumsanteil des Verstorbenen dem anderen Miteigentümer (Joint Tenant) automatisch zufließt. Juristen nennen das „Anwachsung“. Man benötigt in diesem Fall also keinen Erbnachweis (Grant), sondern muss nur die Sterbeurkunde des verstorbenen Miteigentümers vorlegen, um die Immobilie umschreiben zu lassen. Details zu Joint Tenancy hier.
Weitere Infos zu Erbrecht, Nachlassabwicklung und Erbschaftsteuer in USA finden Sie hier: Posts zu Erbschaft in USA und auf unserem Youtube Kanal
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[…] Nachlasszeugnisse nötig, wenn der Erblasser Vermögen in verschiedenen U.S.-Bundesstaten hatte (mehr dazu hier). Hatte der Erblasser ein Testament erstellt und darin selbst festgelegt, wer die Aufgabe des […]