Wie sehen Testamente in USA aus?
Ein „amerikanisches Erbrecht“ als solches gibt es nicht, weil diese Rechtsmaterie in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen US-Bundesstaaten fällt. Juristisch korrekt muss man daher stets vom texanischen, kalifornischen usw Erbrecht sprechen. Daher sind sowohl die Anforderungen an die formwirksame Erstellung eines Testaments als auch die gesetzlichen Vorschriften für die Abwicklung von Erbschaften in den verschiedenen Regionen der USA recht unterschiedlich. Mehr dazu in diesem Beitrag hier.
Einige gemeinsame Grundprinzipen des US-Erbrechts sind: (1) Für die Nachlassabwicklung ist immer ein sogenannter Personal Representative (also ein Executor oder Administrator) nötig. (2) Erben haften in aller Regel nicht für die Schulden des Erblassers. (3) Testamente müssen von Zeugen und/oder Notaries bestätigt werden (mehr zur Funktion eines Notary in USA hier).
Mustervorlage „Gemeinschaftliches Ehegattentestament“ in den USA
Trotz all dieser Unterschiede zum deutschen Erbrecht sehen die Testament von Ehegatten in manchen Bundesstaaten der USA einem typischen deutschen Ehegattentestament (Berliner Testament) sehr ähnlich, wie dieses Beispiel-Testament aus dem Bundesstaat Kalifornien als PDF-Download: JOINT WILL AND TESTAMENT USA
Viele der darin enthaltenen Formulierungen könnten eins zu eins auch aus einem deutschen Musterhandbuch für Testamente stammen, nur eben in englischer Sprache. Das kalifornische Testament enthält eine wechselseitige Alleinerbeneinsetzung, Ersatzerbenbestimmungen und sogar eine Schlusserbenbestimmung:
We, and each of us, hereby expressly revoke all former wills, codicils to wills, and any other testamentary dispositions heretofore made by either of us.
We declare that we are husband and wife, that we are married, and that we have 1(one) child living namely our son ROBERT SMITH, residing with us.
It is our intention to dispose of all real and personal property which we have a right to dispose of by testamentary disposition. We declare that except as otherwise provided for in this will, we have intentionally omitted to provide for any of our heirs living at the time or times of our deaths; should any person be successful in legally establishing that for reason we have not intentionally omitted and disinherited such person, then we direct that such person or persons be paid the sum of ONE ($ 1.00) US-DOLLAR.
We give, devise and bequeath to the survivor of us, all and any real and personal property, owned by us either jointly or severally, wherever situated and whenever acquired, for her or his own use, who should have the right to dispose of all said property in such manner as said survivor shall elect and desire.
On the death of the survivor of us, or in the event that our deaths occur simultaneously or approximately so, or in the same common accident or calamity, or under circumstances causing doubt as to which of us survived the other, we hereby give, devise, and bequeath all of the real and personal property wherever situated, or whenever acquired, of which we die seized or possessed to our said son ROBERT SMITH. Should he predecease us then to his child or children.
Kalifornien ist nicht New York oder Texas
Aber Vorsicht: Solche gemeinschaftlichen Ehegattentestamente, die zwei Erbfälle in einem einheitlichen Dokument regeln, sind nicht in allen US-Bundesstaaten zulässig. Und eine echte Bindungswirkung, wie sie ein deutsches Ehegattentestament auslöst (siehe hier), ist in anglo-amerikanischen Rechtsordnungen ebenfalls in aller Regel nicht zulässig. Und man darf nicht vergessen, einen Executor zu benennen.
Weitere Informationen zu Erbrecht und Nachlassabwicklung in den USA:
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- Erbschaft aus USA: Was nun?
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- Die Erbtante in USA – es gibt sie doch!
- Erbschein und Nachlassabwicklung in New York
- Erbscheinsverfahren in Florida
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Alle Beiträge zum internationalen Erbrecht hier.
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