Wie formuliert man einen Ehevertrag in England?
Deutscher Rechtsanwalt und Experte für englisches Recht erklärt englischen Ehevertrag
Wer vor einem englischen Gericht geschieden wird, muss befürchten, dass er die Hälfte seines gesamten Vermögens verliert, nicht nur des Zugewinns während der Ehe, sondern von ALLEM: Stichwort „equal split“. Details dazu hier:
Wohlhabende Briten (oder auch Nicht-Briten, die aber in UK leben und deshalb dort geschieden würden) legen daher vor der Heirat Wert auf einen Ehevertrag, wobei der Begriff „Vertrag“ nicht so richtig passt, denn englische Pre-Nuptial Agreements binden englische Scheidungsgerichte nicht. Pre-Nups sind „nur“ eine vorweggenommene Erklärung der Eheleute, was diese später im Fall der Scheidung möchten und gemeinsam als fair ansehen. Das englische Scheidungsgericht kann davon abweichen, aber nur mit guten Gründen. Wenn es zum Beispiel die Inhalte des englischen Ehevertrags für veraltet und überholt hält, oder aber für von Anfang an unfair. Mehr dazu hier:
Wie sieht ein solches Pre-Nuptial Agreement nach englischem Recht in der Praxis aus?
Hier ein Musterbeispiel für eine typische Konstellation: Junge Eheleute mit unterschiedlichem finanziellen Background, einer deutsch, einer britisch, planen zu heiraten und erwarten bereits das erste Kind. Der „reichere“ Ehemann, der Familienländereien und denkmalgeschützte Immobilien geerbt hat bzw. noch erben wird, will für den Fall der Scheidung dieses Familenvermögen davor schützen, dass die Ehefrau die Hälfte von allem erhält.
Zum PDF-Download hier das Musterbeispiel das englischen Ehevertrags mit Hinweisen und Kommentaren:
Dieses vereinfachte Beispiel eines Ehevertrags (Pre-Nuptial Agreement) nach dem Recht von England und Wales soll die Grundprinzipien, Formerfordernisse und typischen Formulieren aufzeigen. Die meisten englischen Eheverträge, vor allem in internationalen Konstellationen, sind noch erheblich ausführlicher (15-25 Seiten plus Anlagen) und regeln neben der Vermögensaufteilung auch viele weitere Themen wie etwa Sorge- und Umgangsrecht hinsichtlich der gemeinsamen Kinder, Unterhaltsansprüche (während Trennung und nach Scheidung, wie lange, wie hoch, unter welchen Voraussetzungen usw.), Versorgungsausgleich u.v.a.m.
HINWEIS: Selbstverständlich übernehmen wir deshalb keinerlei Haftung, falls jemand dieses Musterbeispiel ohne Rücksprache mit und Beratung durch uns verwendet. Jeder Fall ist anders (jung/alt, Kinder/keine Kinder, Patchwork, reich/arm, verschiedene internationale Wohnsitze usw.) und deshalb muss ein Ehevertrag auf die konkrete Situation angepasst werden. Das obige Muster ist nur ein BEISPIEL, das NICHT auf alle Situationen passt.
Die inhaltlichen Voraussetzungen eines wirksamen deutsch-englischen Ehevertrags erläutere ich auch in diesem Video:
Weitere Informationen zum Scheidungsverfahren in England hier:
sowie auf der offiziellen Website der englischen Justiz hier.
Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl ist seit 2003 auf deutsch-britisches Recht spezialisiert, Schwerpunkte Erbrecht, Nachlassabwicklung, internationale Zivilprozesse und auch Familienrecht. Er ist der Autor des Länderberichts zum Familienrecht von England und Wales im Nomos BGB-Kommentar:
Für familienrechtliche Beratung und Gerichtsverfahren in England benötigen Sie anwaltliche Hilfe vor Ort. Wir arbeiten seit 25 Jahren mit ausgewiesenen Experten für internationale Scheidungen und internationales Kindschaftsrecht in UK zusammen und empfehlen Ihnen auf Anfrage die für Ihren Fall am besten geeignete englische Anwaltskanzlei.
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Cross Channel Lawyers ist der Rechtsblog von Graf & Partner , gegründet 2003 und seither spezialisiert auf deutsch-britisches und deutsch-amerikanisches Recht. Die Familienrechtsabteilung berät internationale Paare – selbstverständlich auch LGBT-Paare – bei Fragen rund um die Themen Eheverträge und – wenn nötig – internationale Scheidung. Rechtsanwalt Schmeilzl verfasst den Länderbericht „Familienrecht England & Wales“ im BGB-Kommentar des NOMOS Verlags und ist ausgewiesener Experte insbesondere für die Themen deutsch-englischer Ehevertrag sowie deutsch-britische Scheidung. Mehr zum englischen Familienrecht hier
[…] Dem Vater klar zu machen, dass die Mutter – wenn er gewöhnlichen Aufenthalt der Familie in England behauptet – einen Scheidungsantrag in England stellen wird, inklusive Antrag auf hälftigen Vermögensausgleich. In England bedeutet das bekanntlich „equal split“, der Vater muss also die Hälfte seines gesamten Vermögens (nicht nur des Zugewinns) abgeben; wenn die Mutter mehrere Kinder zu betreuen hat vielleicht sogar mehr als die Hälfte. Englische Gerichte sprechen der zu scheidenden Ehefrau, wenn diese (wie meist) sog. „primary carer“ ist, das Haus zu, selbst dieses im Alleineigentum des Vaters steht. Jedenfalls bis das jüngste Kind selbstständig ist. Mehr zum „equal split“ hier: http://www.cross-channel-lawyers.de/musterbeispiel-englischer-ehevertrag-pre-nup/ […]