Ein typisches Beispiel aus der Anwaltspraxis
Es beginnt wie eine normale Mandatsanfrage: „Lieber Herr Rechtsanwalt, ein Herr X schuldet mir Betrag Y aus Darlehensforderung (o.a.). Bitte mahnen Sie ihn an.“ Meist ist der Herr X entweder im Ausland oder der Mandant bittet darum, ihn per eMail zu kontaktieren, weil das schneller geht.
Zum Erstaunen des Anwalts reagiert der angebliche Schuldner sofort, gibt sich schuldbewusst, devot und reuig. Und er kündigt sofortige Zahlung der Verbindlichkeit an, inklusive der Anwaltsgebühren. Hier ein reales Beispiel aus unserer Kanzleipraxis (auf das wir natürlich nicht reingefallen sind):
Der Anwalt freut sich über das (vermeintlich) schnell verdiente Honorar und ist stolz, dass sein anwaltliches Mahnschreiben den Gegner so stark beeindruckt hat, dass dieser sofort nachgibt. Allerdings zahlt der angebliche Schuldner per Auslandsscheck, aber das macht ja nichts. Die Bank des Anwalts schreibt den Scheck auf dem Kanzleikonto gut. Der Rechtsanwalt verrechnet sein Honorar und überweist die Differenz an den Mandanten, der meist auch im Ausland sitzt. Akte geschlossen, Kanzleiumsatz gesteigert. Alles prima, oder?
Honorarfalle Auslandsscheck
Leider nicht, denn was ein Anwalt, der das vermeintliche Guthaben sofort (anteilig) weiter überweist, in diesen Fällen übersieht, ist dass Auslandsschecks bis zu 180 Tage lang oder länger (je nach Land) nur unter dem Vorbehalt endgültiger Deckung von seiner Bank gutgeschrieben sind. Anders formuliert: Auslandsschecks sind quasi Darlehen der eigenen Bank und können noch Monate später platzen. Dann ist der „Mandant“ (der sowieso nie Lars Schneider hieß) natürlich längst über alle Berge. Hat der Anwalt das Geld also zwischenzeitlich ausgeschüttet oder verbraucht, haftet er seiner eigenen Bank auf Rückzahlung. Das steht in den Banken-AGB und wenn man Glück hat, weist der Bankangestellte bei der Einlösung des Auslandsschecks auch nochmals darauf hin. Aber eben nicht immer. Fundierte Informationen zum Thema Auslandsschecks und Bankrecht finden sich in diesem Infoblatt der HypoVereinsbank: Wissenswertes über Auslandsschecks.
Bei ausländischen Mandanten, die mit Schecks bezahlen, ist daher große Vorsicht geboten. Überweisungen sind die deutlich bessere (und übrigens auch billigere) Lösung. Allerdings darf man Briten und US-Amerikaner oder Kanadier, die mit Scheck bezahlen wollen, nicht unter Generalverdacht stellen, denn in anglo-amerikanischen Ländern ist die Zahlung mit Schecks noch immer Alltag. Sogar das Gehalt wird in USA meist per Scheck vom Arbeitgeber ausgezahlt, ebenso Steuererstattungen des Finanzamts, Gutschriften etc. Auch seriöse Mandanten aus USA und UK möchten daher manchmal mit Scheck zahlen.
Ideales Betrugsopfer Rechtsanwalt?
Warum sind ausgerechnet Anwälte für solche Scheckmaschen-Betrüger so ein beliebtes Ziel? Nun, weil mit der Story einer angeblich einzuklagenden Forderung hohe Beträge geltend gemacht werden können, in unserem Beispielsfall waren es 105.000 US-Dollar, siehe den hier abgebildeten falschen Scheck:
In einem anderen Beispielsfall unserer Kanzlei, die viele Mandanten aus UK und den USA betreut und deshalb häufig mit Schecks britischer oder US-amerikanischer Banken befasst ist, waren es sogar 145.000 US-Dollar. Die übliche Scheckreiterei mit Privatbürgern klappt dagegen meist nur in der Dimension einiger hundert bis weniger tausend Euro (Scheck-Überzahl-Masche bei Online-Käufen, ebay-Überzahlungen etc). Da ist die potentielle Gewinnmarge für die Betrüger überschaubar.
Anwälte sind dagegen den Umgang mit Fremdgeldern gewöhnt, vor allem Kanzleien, die sich mit internationalen Rechtsfällen beschäftigen, zum Beispiel der Abwicklung deutsch-amerikanischer Erbfälle oder mit internationalen . Da sind fünf- und sechsstellige Fremdgelder nicht ungewöhnlich. Allerdings ist es bei extrem hohen Beträgen in der Praxis dann doch wieder nicht so gefährlich, weil die Bank des rechtsanwalts eine Überweisung in der Regel nur imnerhalb des Verfügungsrahmens zulässt, d.h. der Plan der Betrüger geht nur auf, wenn das Kanzleikonto des Anwalts (auch ohne den vorläufig gutgeschriebenen Auslandsscheck) so viel Guthaben bzw. Disporahmen aufweist, dass die Überweisung von der Hausbank durchgewunken wird.
Wo haben die Betrüger die Scheckformulare her? Nun, zum einen sind diese gefälscht, das heißt mit Designprogramm und Farbdrucker selbst erstellt. Zum anderen sind es echte Scheckformulare, die von den Kriminellen aus der Post abgefangen oder dem wahren Berechtigten gestohlen wurden.
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische sowie deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070.