So so, Sie beherrschen also Legal English. Really?

Was sprechen Sie eigentlich genau: Englisch, Schottisch, Amerikanisch?

Briten und Amerikaner kennen das Bonmot: „England and America are two countries separated by the same language“. Oder, etwas abgewandelt, das Zitat aus Oscar Wilde’s Erzählung Das Gespenst von Canterville: ‘We [the English] have really everything in common with America nowadays except, of course, language’.

Das gilt schon in der Alltagssprache (auf der Insel ist ein „fag“ eine Zigarettenkippe, in USA ist es – freundlich umschrieben – ein homosexueller Mann), was in einschlägigen Büchern amüsant dargestellt ist, zum Beispiel:A to zed, a to zee : a guide to the differences between British and American English“ oder „Divided by a Common Language: A Guide to British and American English“.

Besonders eklatant und gefährlich sind die Unterschiede in der Rechtssprache. Nirgendwo gibt es so viele „false friends“, also auf den ersten Blick identische Begriffe, die jedoch im englischen Rechtssystem etwas völlig anderes bedeuten als in der US-amerikanischen Rechtssprache. Sowohl im materiellen Recht als auch in den jeweiligen Prozessordnungen sind das britische und das US-amerikanische Rechtssystem sehr unterschiedlich. Gerichte und Rechtsmittel heißen anders und auch die anwaltlichen Akteure könnten in Rolle und Auftritt unterschiedlicher kaum sein. Während die US Attorneys-at-Law (wie die deutschen Rechtsanwälte) sowohl außerprozessual als auch prozessual auftreten, gibt es in UK nach wie vor die Trennung in Solicitors und Barristers (Prozessanwälte).

Aber das ist keine Spezialität der englischen Sprache. Wer als deutscher Anwalt ab und an mit österreichischen Anwaltskollegen oder Gerichten zu tun hat, weiß was ich meine: Jenseits der deutschen Grenze heißt das Nachlassgericht plötzlich Verlassenschaftsgericht und der Erbschein heißt Einantwortungsurkunde, keine sich unbedingt selbst erschließenden Begriffe, selbst für deutsche Muttersprachler.

Wer sich also damit rühmt, er sei fit in „Legal English“, sollte vorsichtig sein. Meint er oder sie die britische Rechtsprache oder die US-amerikanische Terminologie? Oder hat der „Legal English Experte“ nur eine fachbezogene Fremdsprachenausbildung an der Uni absolviert, die einen Mischmasch aus englischen Rechtsbegriffen der unterschiedlichsten Jurisdiktionen vermittelt, was einem in der Praxis aber wenig nutzt?

Nun, wer es noch immer nicht glaubt, dass wahr Welten zwischen britischer und amerikanischer Rechtssprache liegen, der möge einmal die Legal Glossaries vergleichen, die etwa die offizielle Website der New York Courts einerseits und die English Law Society bzw. GOV.uk für englische Zivilprozessbegriffe andererseits online zur Verfügung stellen. Von Schottland, Irland und Ausralien ganz zu schweigen.

Kleiner Abschlusstest: So, wer kann nun – etwa am banalen und alltäglichen Beispiel Erbrecht – trennscharf die Unterschiede zwischen einem deutschen Erben, einem englischen Beneficiary und einem US-amerikanischen Distributee erklären? 🙂

Weitere allgemeine Informationen zu Erbrecht, Nachlassabwicklung und Erbschaftsteuer in Deutschland, UK und USA siehe:

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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer englischspachigen Prozessabteilung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und internationale Erbfälle. Falls Sie bei einer anglo-amerikanischen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk gerne zur Verfügung. In den meisten großen US-Bundesstaaten verfügen wir über gute persönliche Kontakte zu Attorneys-at-Law in mittelgroßen Kanzleien. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070.

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