Sogar das britische Finanzamt akzeptiert solche nachträglichen Änderungen per „Deed of Variation“
Manchmal stellen die Erben fest, dass ein Testament unklar formuliert wurde oder die Verteilung unter den Begünstigten steuerlich ungeschickt war. Dann können Erben natürlich auch in Deutschland eine abweichende Vereinbarung treffen, wenn sie sich alle einig sind. Das Problem ist allerdings, dass eine solche „disquotale Erbverteilung“ steuerliche Konsequenzen haben kann, denn das deutsche Finanzamt wickelt den Erbfall zunächst einmal so ab, wie es das Testament vorgibt.
In Großbritannien kann das tatsächlich das Testament selbst nachträglich ändern
In Großbritannien (also England, Wales und Schottland) gibt es für die rückwirkende Änderung eines Testaments sogar ein spezielles Rechtsinstrument, die sogenannte „Deed of Variation„, manchmal auch „Deed of Family Arrangement“ bezeichnet. Der Unterschied zu Deutschland: Die nachträgliche Modifikation des Testaments akzeptiert dort sogar das britische Finanzamt (HMRC). Man kann eine unter Erbschaftsteuergesichtspunkten ungeschickte Verteilung nachträglich einvernehmlich ändern und dadurch englische Erbschaftsteuer sparen.
Wenn kein Testament existiert?
Die Deed of Variation ist sogar zulässig, wenn gar kein Testament vorliegt, also eigentlich die gesetzliche Erbfolge eintritt.
Wie erstellt man eine Deed of Variation?
Die formellen und inhaltlichen Anforderungen sind unkompliziert: Einfache Schriftform genügt, es muss also nur schriftlich niedergelegt sein, welcher Begünstigte worauf verzichtet und zu wessen Gunsten, wie also von wem an wen umverteilt wird. Alle Begünstigten, die durch die Deed of Variation auf einen Teil des Erbes verzichten, müssen unterzeichnen. Und das Datum der Deed of Variation darf nicht später lauten als zwei Jahre nach dem Todesfall.
Weitere Details zur Deed of Variation nach englischem Recht hier und nach schottischem Recht hier auf der Website unserer schottischen Partnerkanzlei Harper Macleod.
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer englischsprachigen Prozessabteilung (GP Litigation) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und internationale Erbfälle. Falls Sie bei einer anglo-amerikanischen Rechtsangelegenheit sowie in Erbschaftsteuerfragen Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk in Europa sowie im außereuropäischen englischsprachigen Rechtsraum gerne zur Verfügung. In UK, Kanada sowie den meisten großen US-Bundesstaaten verfügen wir über gute persönliche Kontakte zu Attorneys-at-Law in mittelgroßen Kanzleien.