Wenn Ihr englischer Anwalt (Solicitor) an seine Grenzen kommt…
… dann fällt meist der Satz „we need to seek advice from counsel“. Oder, etwas weniger hochtrabend, formuliert: „let’s ask a barrister“. Das bedeutet, der Solicitor holt sich fachliche Hilfe bei einem Kollegen aus der Riege der Pferdehaarperücken (wig) tragenden englischen Elitejuristen, den sogenannten Barristers (Details hier).
Was können Barrister besser als Solicitors?
Barrister sind zum einen spezialisiert auf Prozessrecht (Civil Procedure Rules) und die möglichst überzeugende mündliche Präsentation eines Falles vor den (höheren) englischen Gerichten, inklusive Zeugenbefragung. Dieser Aspekt des rhetorisch brillanten Vortrags ist in England ungleich wichtiger als bei Zivilprozessen in Deutschland, weil die mündliche Verhandlung dort einen erheblich höheren Stellenwert hat. In Deutschland fällt es im Zweifel eher negativ auf, wenn es ein Prozessanwalt mit seiner Darstellungskunst übertreibt. Man steht als deutschen Anwalt ja nicht einmal auf, wenn man seine juristischen Weis- und Wahrheiten kundtut (anderweitige Gepflogenheiten bei einigen Oberlandesgerichten, bei denen es für Rechtsanwälte nur Stehpulte gibt, sind die Ausnahme). Für englische und amerikanische Rechtsanwälte erscheint ein deutscher Zivilprozess daher meist als lasch und die deutschen Prozessanwälte als zu wenig engagiert (Details hier).
Nicht nur Verfahrensrechts-Profis sondern auch Experten auf einem bestimmten materiellen Fachgebiet
Neben der Expertise im englischen Verfahrensrecht sind Barrister aber meist auch Spezialisten auf einem bestimmten materiellen Rechtsgebiet. Das bedeutet, sie kennen die einschlägige Rechtsprechung (case law) auf diesem Rechtsgebiet aus dem Effeff. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass englische Solicitors auch bereits vor dem eigentlichen Zivilprozess den Rat eines Barristers einholen, ehrfürchtig „counsel“ genannt. Das ist meist kein preiswertes Vergnügen, da die Stundensätze eines Barristers bei 400 Pfund beginnen. Will man die Edelversion eines Barrister, die berühmten „QC“ bzw. „KC“ (Abkürzung von „Queens Counsel“ bzw. „Kings Counsel“), stehen auf der Anwaltsrechnung schon auch mal 800 Pfund die Stunde oder noch mehr. Da (nur) die Queens Counsels Seidenroben tragen, nennt man sie im Fachjargon auch „Silks“. So daher auch der Titel einer BBC TV-Serie über eine Barrister-Kanzlei.
Der Solicitor sollte daher sehr konkret und präzise fragen und die Unterlagen extrem übersichtlich aufbereiten, bevor man die Akte („bundle“) an die Kanzlei des Barristers (genannt „chambers“) schickt. Dass man nicht immer und überall die extrem kostspieligen Barrister braucht, erkläre ich in diesem Beitrag hier.
Unsere Kanzlei ist auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Zivilprozesse spezialisiert. Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl, Master of Laws, ist Experte für deutsch-englisches Prozessrecht sowie internationales Erbrecht. Er berät und vertritt deutsche Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen in grenzüberschreitenden Rechtsfällen, insbesondere bei deutsch-britischen Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen, komplexen Erbfällen und internationalen Gerichtsverfahren. Er ist Autor des Praxishandbuchs Der Zivilprozess in England
Weitere Informationen zu Rechtsstreitigkeiten vor britischen Gerichten:
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Rechtsanwalt Schmeilzl und sein Team von Prozessanwälten sind Experten für deutsch-englisches sowie deutsch-amerikanisches Recht. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Partnerkanzlei gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).